Artikel • 04.12.2024
Slotbuchung für weniger Stau
Kapazitäten besser managen
Lkw-Slotbuchungen erzeugen Verkehrslenkung. Staus und Wartezeiten an großen logistischen Knotenpunkten lassen sich wirksam minimieren. Das zeigen die etablierten Systeme von DAKOSY in den Seehäfen Hamburg und Bremerhaven sowie von allivate am Frachtflughafen Frankfurt. Davon profitieren Trucker, Terminals und Logistiker, Verkehrsteilnehmer sowie die Hafen- und die Flughafeninfrastruktur gleichermaßen.
Kennzahlen zur Slotbuchung im Hafen Hamburg
- Einsatz an 11 Terminals und 3 Behörden
- Aktuell ca. 15.000 Lkw-Transporte pro Tag
- Ca. 400 angeschlossene Fuhrunternehmen, über 22 Software-Provider und ca. 40.000 direkt angebundene Einzelfahrer
Kennzahlen zur Slotbuchung im Cargo Flughafen Frankfurt
- Rampensteuerung im Einsatz bei vier Handlingsagenten und einem Spediteur in der CargoCity Süd
- Ca. 1.000 angeschlossene Spediteure und Fuhrunternehmen
- Durchschnittlich ca 3.500 durchgeführte Slots pro Woche, im Peak bis über 5.000 Slots
- 50 Prozent der Slots werden mit einer Vorlaufzeit von nur 1,5 h vergeben
- Kürzeste Slotdauer liegt bei 15 Minuten, 80 Prozent der Slots werden mit bis zu 60 Minuten geplant
Bereits seit 2017 müssen Fuhrunternehmen, die in Hamburg ein Seehafenterminal anfahren, verbindlich ein Zeitfenster für die Abfertigung buchen. Was die Umstellung bewirkt hat, lässt sich am Verkehrsfunk ablesen. „Vor der Einführung gab es regelmäßig Durchsagen, dass die verkehrliche Situation im Hafen zu Rückstaus auf der Köhlbrandbrücke oder der A7 führte“, erinnert sich Nicolai Port, Leiter Verkehrsträger bei DAKOSY und vergleicht, „heute gibt es solche Nachrichten nicht mehr. Dank der Buchungsplattform löst die Anlieferung beziehungsweise Abholung der Container bei den Terminals keine blockierten Straßen mehr aus.“
Für jeden Lkw, der in den Hamburger Hafen einfährt, ist in der Regel ein Slot reserviert. Das sind im Durchschnitt 15.000 Fahrzeuge pro Tag. „Dafür tauschen wir bis zu eine Million elektronische Nachrichten aus“, zeigt Port die Dimension auf. Teilnehmer sind die Terminals von Eurogate, HHLA, C. Steinweg sowie verschiedene Depots. Darüber hinaus nutzen auch Behörden das Verfahren. Der Zoll vergibt Zeitfenster für die Containerprüfanlage (CPA) und auch die beiden Kontrollzentren des Veterinär- und Einfuhramtes bestellen auf diesem Weg zu den Warenprüfungen ein.
Was sich im Bereich des Slotmanagements bewährt hat, lässt sich am Beispiel der Seehäfen aufzeigen. Es kann drei Werktage im Voraus kostenlos reserviert werden. „Aktuell wird eher kurzfristig gebucht“, ordnet Port ein. Überwiegend läuft dieser Prozess automatisiert im Hintergrund ab. Viele der Transportunternehmen sind über elektronische Schnittstellen an das Verfahren angeschlossen und interagieren direkt aus ihrem jeweiligen Transport-Management-System (TMS) heraus. Passgenau für die Seehäfen hat auch DAKOSY mit UNIKAT GE eine eigene Softwarelösung für das dortige Container-Management am Start.

Terminal-Durchlaufzeiten erleichtern Tourenplanung
Fuhrunternehmer ohne TMS buchen über die Webanwendung Truckgate. Diese ist in neun Sprachen hinterlegt und leicht bedienbar, und es kann sogar noch aus dem Hafen heraus reserviert werden. Die Zeitfenster werden zu jeder vollen Stunde vergeben und gelten 60 Minuten. Hinzu kommt noch eine Toleranzzeit von plus/minus 30 Minuten, in welcher der Fahrer als pünktlich gilt. Auf der Truckgate-Webseite (https://www.truckgate.de) ist für jeden Betrachter die Auslastung der Kapazitäten visualisiert. Am Eurogate CTH, HHLA CTA und CTB können Disponenten und Fahrer sogar einsehen, wie lange die Abfertigung vor Ort aktuell dauert sowie Durchschnittswerte der letzten vier Wochen abrufen, um die Daten für die Tourenplanung und Optimierung zu nutzen.
Die Umschlagsunternehmen können auf die unterschiedliche Auslastung zusätzlich variabel reagieren. Port erklärt, wie es funktioniert: „Ist die Lage am Terminal entspannt, lässt sich die Toleranzzeit für das gebuchte Zeitfenster um jeweils eine weitere Stunde vor und nach der reservierten Slotzeit erweitern. Im System wird diese als Prio2 aktiviert.“ Diese Funktionalität ist aus der gelebten Praxis und den Bedürfnissen der Teilnehmer gewachsen. Mittlerweile ist die Terminvergabe für die Terminalanfahrt aus dem Hafenalltag nicht mehr wegzudenken.
Weitere Ausbaustufen
Die physische Erweiterung der Buchungsplattform wäre aus Sicht von Port nur folgerichtig: „Mit jedem weiteren Standort, den wir anschließen, bewegen wir uns in Richtung eines flächendeckenden und einheitlichen Slotmanagements für die norddeutschen Seehäfen.“ Weiter wird das Buchungssystem auch mit neuen Services im Abwicklungsprozess verzahnt, die sich im Aufbau befinden. Zwei Projekte stehen dazu an. Zum einen geht es darum, dass sich die Fahrer bei der Terminaleinfahrt digital authentifizieren. Zum anderen wird im Import die Freistellung künftig durch ein digitales Abholrecht abgelöst. Beide Prozesse werden mit der Slotbuchung verknüpft, um eine größtmögliche Sicherheit zu erzielen.

„Mit jedem weiteren Standort, den wir anschließen, bewegen wir uns in Richtung eines flächendeckenden und einheitlichen Slotmanagements für die norddeutschen Seehäfen.“
Vom Seehafen zum Frachtflughafen
Das Slotbuchungsverfahren der Seehäfen eignet sich für verschiedenste Szenarien und Verkehrsträger. Am Flughafen Frankfurt hat DAKOSY gemeinsam mit dem Flughafenbetreiber Fraport und der dortigen Air Cargo Community unter Beweis gestellt, dass die Plattform auch luftfrachtfähig ist. Als Modul des Cargo Community Systems FAIR@Link ist die Rampensteuerung in der CargoCity Süd bereits ein etablierter Bestandteil der digitalen Abläufe. Betreiber ist seit Anfang des Jahres allivate, ein Joint Venture von DAKOSY und Fraport.
Extrem kurzfristig und wenig standardisiert
Allivate-Geschäftsführerin Martina Schikorr schildert die Anforderungen: „Luftfracht ist zeitlich gesehen extrem volatil. Für eine Vorplanung bleiben nur wenige Stunden. Zusätzlich gilt es, die begrenzte Infrastruktur so effizient wie möglich zu nutzen, um die Abfertigungszeiten zu reduzieren.“ Im Unterschied zu dem Verfahren in den Seehäfen stehen am Frankfurter Luftfrachthub keine Container, sondern Stückgüter, Bleche und Paletten im Mittelpunkt des Umschlags. Martina Schikorr verdeutlicht, wie wenig standardisiert die Ware ist: „Bei über 80 Prozent handelt es sich um lose Sendungen.“
Entsprechend des damit verbundenen Verladeaufwands braucht es eine dynamische Anpassung der geplanten Zeitfenster, der sogenannten „Slots“. „Diese variieren in der Regel zwischen 15 Minuten und zwei Stunden, in Abhängigkeit von Menge, Gewicht, Warenart, Fahrzeugtyp und anderen Parametern“, erläutert Martina Schikorr.

Zusatznutzen: Rampenmanagement
Die in der CargoCity Süd vertretenen Handlingsagenten nutzen die Buchungsinformationen zusätzlich für das Management ihrer Rampen. Denn nicht jede Rampe wird universell eingesetzt. Die Rampen decken verschiedene Bedarfe ab – beispielsweise Import, Export, Lkw- oder Sprinteranlieferung, Gefahrgut oder Expressfracht. „Über System-Schnittstellen können die Handlingsagenten die Buchungsdaten in ihr jeweiliges Warehouse-Management-System übernehmen und für die weitere Abwicklung nutzen. Das erspart viel Aufwand in der Dokumentation“, folgert Martina Schikorr.
Verknüpfung mit Zufahrtschranke
Die Digitalisierung ist schon bei der Einfahrt in die CargoCity Süd erlebbar. Dort ist an den Toren 31 und 32 eine Kennzeichenerfassung installiert. Durch diese werden die vorangemeldeten Fahrzeuge bei der Durchfahrt erkannt. Eine manuelle Fahreranmeldung entfällt. Die Schranke öffnet sich, ohne dass die Fahrzeuge gänzlich zum Stehen kommen, und längere Wartezeiten gehören an diesem Nadelöhr der Vergangenheit an. Das Prinzip der automatisierten Zufahrtskontrolle setzt sich auf dem Flughafengelände fort. Auch die Schranken einiger Handlingsagenten sind mit dem Slotmanagementsystem von FAIR@Link verknüpft. Vorangemeldete Trucker können im optimalen Fall direkt bis zur Be- oder Entladung an der Rampe hinter dem Steuer sitzen bleiben. Die gezielte Steuerung der Abläufe entlastet die knappen Umschlagflächen der Unternehmen.
Ausdehnung auf Speditionen
Bei den Handlingsagenten Frankfurt Cargo Services (FCS), Çelebi, LUG und Swissport hat sich die Slotbuchung als fester Standard etabliert. Nun führt die erste Spedition in der CargoCity Süd das Verfahren ein und zeigt damit einmal mehr die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten der flexiblen Lösung. Nach einer Pilotphase ist DB Schenker aktuell dabei, das FAIR@link-Modul in den Regelbetrieb zu überführen.

„Über System-Schnittstellen können die Handlingsagenten die Buchungsdaten in ihr jeweiliges Warehouse-Management-System übernehmen und für die weitere Abwicklung nutzen. Das erspart viel Aufwand in der Dokumentation.“
Ganzheitlicher Ansatz statt Stand-alone Anwendung
Um Slotbuchungssysteme in solchen Dimensionen zum Erfolg zu führen, braucht es einen ganzheitlichen Ansatz. Diesen beschreibt DAKOSY-Vorstand Ulrich Wrage: „Die Plattformen in den Seehäfen und am Flughafen Frankfurt sind komplett integriert in die Abwicklungsprozesse der jeweiligen Standorte. In der konkreten Anwendung bedeutet dies, dass bei der Slotvergabe automatisiert geprüft wird, ob die Fracht abholbereit, freigestellt und zollfrei ist. Nur wenn die digitale Ampel grün zeigt, lässt sich ein Zeitfenster buchen. Kein Trucker fährt umsonst.“ Und es geht noch weiter. Beispielsweise lässt sich bei der Terminaleinfahrt querchecken, ob der Fahrer auch die abholberechtigte Person ist und über eine integrierte Kennzeichenerkennung lässt sich die Schrankenöffnung steuern.
Performance bei hohen Mengen entscheidend
Die beschriebenen Systeme von DAKOSY und allivate dienen auch als Vorbild für andere Verkehrsnadelöhre. Erst kürzlich hat sich der Landeshauptmann Anton Mattle aus Tirol das Verfahren im Hamburger Hafen zeigen lassen. Er will den Lkw-Verkehr am Brenner zwischen Tirol und Italien besser steuern. 6.000 bis 10.000 Lkw fahren täglich über den Pass an seiner Landesgrenze. Die Performance eines solchen Systems müsste also vergleichbar mit der im Hamburger Hafen mit bis zu 12.000 Fahrzeugen täglich sein. Grundsätzlich hält Wrage Slotbuchungen an neuralgischen Punkten für überlegenswert, dazu zählten auch Brücken mit Belastungsgrenzen oder Tunnel.