Artikel • 18.12.2023
KI-trainiertes Auslesen statt Abtippen
Erster Anwendungsfall: Ausfuhrbegleitdokument
Um Ausfuhrbegleitdokumente, die nur in Papierform oder als PDF vorliegen, zu digitalisieren und weiterzuverarbeiten, setzt DAKOSY mit Unterstützung eines Digitalisierungspartners innovative KI-Modelle ein. Das Ausfuhrbegleitdokument wird als Vorpapier im Versandverfahren NCTS für die Erstellung von T-Papieren benötigt.
Die Erstellung von T-Papieren wird aufwendiger
Nach NCTS 5 (Start 29.10.2023)
… muss die Anmeldung auf Positionsebene der Sendung erfolgen,
… ist die Angabe des 6-stelligen HS-Codes verpflichtend (verschoben auf 2024),
… wird die manuelle Erfassung von Versandverfahren kaum noch leistbar sein,
… ist Prozessautomatisierung / vereinfachte Erstellung dringend erforderlich.
Für das Versandverfahren gilt seit Herbst eine Neuerung, die für Spediteure und Transporteure einen immensen Mehraufwand bedeutet. Der Zoll schreibt vor, dass alle Positionen aus dem Ausfuhrbegleitdokument und künftig auch die dazugehörigen Warentarifnummern in das NCTS-Verfahren übernommen werden müssen. „Da die Daten in der Regel nicht elektronisch vorliegen, ist diese Vorgabe für die Akteure eine große Herausforderung“, bewertet DAKOSY-Vorstand Simon Lembke. Mit einer neuen KI-Lösung hat DAKOSY diesen Prozess jetzt digitalisiert.
Lembke präzisiert: „Wir haben mit einem Partner ein trainiertes Modul entwickelt, das den Akteuren einen enormen Effizienzgewinn bietet. Es ermöglicht das Auslesen aller erforderlichen Daten aus dem Ausfuhrbegleitdokument und die digitale Übernahme dieser Daten für das Folgeverfahren.“ Dabei sei es egal, ob das Dokument ausgedruckt oder als PDF vorliegt und zwar in jedem beliebigen Layout.
Mit KI die Lücke bei Medienbrüchen schließen
Grundsätzlich bedeutet die zollseitige Vorgabe eine zeitaufwendige und fehleranfällige manuelle Doppelerfassung der geforderten Datensätze, die häufig mehrere 100 Positionen umfassen. Allerdings finden sich alle erforderlichen Daten in dem vom Zoll ausgestellten Ausfuhrbegleitdokument, das mit der Ware reist und ein Nachweis über die Zulässigkeit der Ausfuhr in Nicht-EU-Länder ist. Da der Zoll es dem Versender aber als PDF oder Ausdruck zur Verfügung stellt, ist der Medienbruch unvermeidlich. Lembke verdeutlicht: „Die an der Logistikkette Beteiligten haben in der Regel keinen Zugang zu den digitalen Quelldaten.“
Von der neuen DAKOSY-Lösung, die interessierten Kunden voraussichtlich im Laufe des 1. Halbjahrs 2024 bereitgestellt werden kann, profitieren im ersten Schritt alle Unternehmen, die EU-Waren in Länder transportieren, die am NCTS-Versandverfahren teilnehmen. Große Mengen werden in diesem Segment in Richtung Schweiz, Türkei, England und Norwegen exportiert.

„Wir haben mit einem Partner ein KI-trainiertes Modul entwickelt, das den Akteuren einen enormen Effizienzgewinn bietet. Es ermöglicht das Auslesen aller erforderlichen Daten aus dem Ausfuhrbegleitdokument und die digitale Übernahme dieser Daten für das Folgeverfahren.“
Digitalisierungspartner natif.ai
Die Herausforderung für das digitale Auslesen der Ausfuhrbegleitdokumente sind die von Land zu Land variierenden Layouts. „Um die relevanten Feldinhalte zuverlässig zu identifizieren, braucht es künstliche Intelligenz. So wurde das KI-Modell über einen Zeitraum von mehreren Wochen mit Ausfuhrbegleitdokumenten aus allen relevanten EU-Staaten trainiert“, erklärt Lembke. Entwickelt wurde der „digitalisierte Dokumententyp Ausfuhrbegleitdokument“ gemeinsam mit dem Partnerunternehmen natif.ai, einem Anbieter für Dokumenten-Automatisierung und Spin-Off des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI). Dabei bringt natif.ai seine Stärken in das Projekt ein, die Dokumente mit hochleistungsfähigen KI-Modellen und einer selbst entwickelten Deep-OCR extrem schnell und genau zu analysieren sowie relevante Daten daraus zu extrahieren.
Das Prinzip: einscannen, hochladen, Daten übernehmen
Heruntergebrochen auf den aktuellen Anwendungsfall funktioniert es so: Nach dem Einscannen wird das PDF in der Zollsoftware ZODIAK GE hochgeladen. Dort werden die Daten in Sekundenschnelle strukturiert aufbereitet und zur Weiterverarbeitung vorbereitet. Der Disponent löst per Knopfdruck das Versandverfahren NCTS aus und übernimmt dafür automatisch die relevanten Daten aus dem Ausfuhrbegleitdokument. „Besonders überzeugt hat uns die präzise Lesetechnologie kombiniert mit dem KI-Modell von natif.ai, das qualitativ zuverlässige Datensätze für die Zollabfertigung erzeugt“, bestätigt Lembke. Dieser Aspekt stand für ihn im Fokus, da das Ausfuhrbegleitdokument in der Praxis in unterschiedlichster Beschaffenheit vorliegt. Kopien, Faxe, schlechte Ausdrucke sowie geknickte oder beschmutzte Papiere gehören zu Realität.
Technologie auf verschiedenste Anwendungsfälle übertragen
Gleich nach der Einführung des KI-trainierten „Ausfuhrbegleitdokuments“ will DAKOSY weitere Dokumententypen digitalisieren. Lembke umreißt das Ziel: „Die Technologie ist übertragbar auf verschiedenste Anwendungsfälle. Wir wollen, dass man jede Art von Dokument hochladen kann, um relevante Daten zu extrahieren und in eine Zollanmeldung zu übernehmen. Beispielsweise könnten die Datensätze aus Handelsrechnungen die Erstellung von Einfuhrzollanmeldungen erleichtern und beschleunigen.“ Insgesamt sieht Lembke in dem KI-trainierten Auslesen von Daten für die Logistikbranche mit den vielen an der Transportkette Beteiligten und den daraus folgenden Medienbrüchen ein hohes Potenzial, operative Prozesse zu beschleunigen, Personal von manuellen Erfassungstätigkeiten zu entlasten und die Datenqualität zu erhöhen.