Artikel • 15.06.2021

FRA-OS bringt Zoll- und Logistikfluss in Einklang

Digitalisierungs-Boost für den Frankfurter Flughafen

Der Flughafen Frankfurt ist die zentrale Logistik-Drehscheibe für Import-Sammelladungen in Deutschland. Die neue Importplattform FRA-OS als Baustein von FAIR@Link unterstreicht auch bei der Digitalisierung die Poleposition des Standorts und bringt Zoll- und Logistikprozesse in Einklang.

Anforderungen aus dem EU-Zollkodex

Zoll Icon

Bereitstellung der Summarische Eingangsmeldung (ESumA) im Import Control System des Zollsystems ATLAS bis 4 Stunden vor Landung für die Risikobewertung durch den Zoll

1:1 Referenzierung: Abgleich der Daten aus der ESumA mit denen der SumA bei der Gestellung auf HAWB-Ebene durch den Cargo Handling Agenten oder "neu" auch durch den Spediteur möglich

Nachweis der unverzüglichen Gestellung und des Verbleibs der Fracht nach Landung

Weitere Informationen
fra-fr8.com 
dakosy.de/fra-os

Der Flughafenbetreiber Fraport und DAKOSY forcieren gemeinsam die Entwicklung der digitalen Infrastruktur für die Frachtabwicklung am Flughafen Frankfurt. Unter dem Namen „FRA-OS Import“ geht ein neues Produkt zur Automatisierung der Zoll- und Importprozesse zum 1. August dieses Jahres an den Start. Eingebettet ist das Modul in das Cargo Community System FAIR@Link von DAKOSY. Dieses wurde 2015 am Flughafen Frankfurt als eine der besten digitalen Frachtinfrastrukturen weltweit etabliert.

Für Max Philipp Conrady, Leiter Frachtentwicklung bei Fraport, ist FRA-OS der Schlüssel zu einer ganzen Reihe von neuen Funktionen: „Es ermöglicht uns die lückenlose Sendungsverfolgung von Import-Sammelladung auf dem Flughafengelände, es automatisiert den Datenaustausch zwischen den an den Importprozessen beteiligten Unternehmen und liefert damit die Basis für die Umsetzung der vom Zoll geforderten 1:1 Referenzierung.“

Flughafengelände Fraport
FRA-OS ermöglicht die lückenlose Sendungsverfolgung von Import-Sammelladung auf dem Flughafengelände.

Prio Eins: Zollkonformer Import

Der 1. August 2021, auf den alle Beteiligten so zielstrebig hinarbeiten, ist nicht zufällig gewählt. Der Zoll wird zu diesem Datum die Einhaltung des im EU-Zollkodex vorgeschriebenen Zollverfahrens für die Gestellung von konsolidierten Importen durchsetzen. Dafür sind die Sendungsdaten in einem neuen Detaillierungsgrad zu liefern. Allen Beteiligten der Cargo Community war bewusst: Ohne Digitalisierung wäre die Abfertigung von Sammelladungen an einem großen Standort wie Frankfurt unter Einhaltung der neuen Bestimmungen in den bisherigen Prozessen schlichtweg kaum zu bewältigen.

Für die Zollabfertigung ist die 1:1 Referenzierung auf Sendungsebene vorgeschrieben. Das heißt, jede Position in der „Summarischen Eingangsmeldung“ (ESumA), die bis zu vier Stunden vor der Landung abzugeben ist, muss einer Position in der Summarischen Anmeldung (SumA) bei der Zollgestellung auf House Airway Bill (HAWB) nach der Landung entsprechen. Die Summarische Anmeldung erfolgte bisher ausschließlich durch die Handlingsagenten, allerdings ohne die Sammelsendung aufzuteilen und auf Inhalt und Empfängerangaben zu prüfen. Deshalb wurde üblicherweise die Angabe „Consol“ für Sammelgut aus dem Master Airway-Bill (MAWB) in die Warenbeschreibung gesetzt. Das soll ab dem ersten 1. August vorbei sein. „Waren können vom Zoll gestoppt werden, bis die erforderlichen Informationen vorliegen“, verdeutlicht Conrady.

Max Philipp Conrady, Leiter Frachtentwicklung bei Fraport
Max Philipp Conrady, Leiter Frachtentwicklung bei Fraport

Fraport Logo
 

Neu: Spediteure dürfen gestellen

Diese harte Nuss zu knacken, gelang mit der Digitalisierung des Prozesses durch FRA-OS/ Import. Neu ist, dass neben den Handlingsagenten künftig auch die auf dem Flughafengelände ansässigen Spediteure die Ware beim Zoll gestellen dürfen. „Hier ist der Prozess der Sendungsprüfung logisch angesiedelt, da die Spediteure ohnehin die konsolidierten Sendungen in ihren Zollverwahrlagern aufbrechen und für die Weiterverteilung vorbereiten“, erklärt Conrady. „Zudem können so mögliche Kapazitätsengpässe bei den Abfertigern von vornherein verhindert werden.“ Der Zoll habe diese Lösung akzeptiert, da er über das Dashboard von FRA-OS jederzeit exakt einsehen kann, wo sich die Ware auf dem Flughafengelände befindet und damit Zugriff auf diese hat. Zeitstempel für das Track & Trace werden ab dem Zeitpunkt „aircraft on block“ an jedem Übergabepunkt gesetzt. „Die lückenlose Sendungsverfolgung macht den Weg frei, die Zollabfertigung zeitlich verzögert durchführen zu dürfen“, bestätigt DAKOSY-Prokurist Dirk Gladiator. Doch nicht nur der Zoll profitiert von der Transparenz. Alle am Importprozess beteiligten Unternehmen können auf diese Weise ihre Prozesse frühzeitig und effizient planen und so den Ressourceneinsatz weiter optimieren.

In dem Modul FRA-OS laufen alle relevanten Zollinformationen zusammen. Zunächst werden laut Gladiator die Daten aus der ESumA eingespeist, welche dem Zoll zur Risikoanalyse bereits vor der Landung vorliegen müssen. Was so einfach klingt, bedarf einer guten Vorbereitung, denn bisher haben einige Fluggesellschaften die Daten nur auf Master Airwaybill (MAWB)-Ebene weitergegeben. Aktuell führt das Team um Conrady täglich Gespräche, um die etwa 70 bis 80 Airlines in das System zu integrieren. Der Leiter der Frachtentwicklung erwartet, dass zum Start des Systems ein Großteil der Airlines an FRA-OS/ Import angeschlossen ist.

Conrady baut darauf, dass schon mit Beginn der Testphase (ab Juli) viele der Nutzer die Plattform ausprobieren. „Wir sind bereit“, vermelden Conrady und Gladiator, „das System ist leistungsfähig, alle Prozesse sind geprüft und die Schnittstellen veröffentlicht, so dass Speditionen und Airlines ihre Softwareprogramme mit FRA-OS verbinden können.“ Durch die iterative agile Softwareentwicklung ist es möglich, die in der Testphase gesammelten Erfahrungen in die weitere Optimierung einfließen zu lassen. Gladiator lädt alle künftigen Nutzer ein, sich früh zu beteiligen, und so auch das Produkt mitzugestalten.

Max Philipp Conrady, Leiter Frachtentwicklung bei Fraport

“Das System ist leistungsfähig, alle Prozesse sind geprüft und die Schnittstellen veröffentlicht, so dass Speditionen und Airlines ihre Softwareprogramme mit FRA-OS verbinden können.”

Max Philipp Conrady, Leiter Frachtentwicklung bei Fraport

Zukunftsweisend: vorhersagbare Logistikströme

Bei der Entwicklung bauen die Projektpartner auf die bereits erfolgreich etablierte digitale Infrastruktur des Standortes, die zu den besten weltweit zählt. Bereits 2015 wurde das Cargo Community Systems FAIR@Link eingeführt, das vor allem für sein Rampensteuerungssystem über den Standort hinaus bekannt ist. Mit FRA-OS ist die Plattform nun um ein wichtiges Modul erweitert worden, das den Import-Prozess für Sammelgut standardisiert und damit den Warenstrom zuverlässiger und vorhersagbarer macht.

Aufgrund der positiven Erfahrungen will Conrady die Digitalisierung gemeinsam mit DAKOSY weiter vorantreiben: „Wir haben mit dem Modul bewiesen, dass wir zusammen die digitale Zukunft am Flughafen Frankfurt gestalten können.“ Über Ideen für weitere neue Funktionalitäten ist er bereits mit Gladiator im Austausch. Dazu gehören beispielsweise eine Ausweitung der Plattform auf Importprozesse für verderbliche Güter und eine Hinterlegung von Zielzeiten.

Langfristig würden Conrady und Gladiator gerne alle Handlingsprozesse auf einer digitalen Plattform erfassen – egal ob land- oder luftseitig: „Es ist unser Wunsch, die heute stark fragmentierte Kette Stück für Stück auf einer Datenplattform zusammenzuführen, um den Flughafen Frankfurt weiter für die Fracht zu stärken.“

FRA-OS Infografik
(1) Timestamp kann in Fall A (Gestellung durch Spediteur) bei Übergabe via Speedgate entfallen
(2) Timestamp kann in Fall B (Gestellung durch Cargo Handling Agent) entfallen

Info Icon

Sammelladung am Flughafen Frankfurt und aktuelle Corona Lage

Der Flughafen Frankfurt ist ein Hub für Sammelladung. Etwa 75 Prozent der Luftfracht-Importe über das Gateway Frankfurt beinhalten konsolidierte Sendungen. Insgesamt steigt das Frachtaufkommen stark an, insbesondere seit dem Beginn der Corona-Pandemie. Alleine das erste Quartal 2021 brachte einen Cargo-Zuwachs von 21,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Immer wieder wurden in den vergangenen Monaten Rekorde gebrochen. Den jüngsten Zahlen zufolge legte das Cargo-Aufkommen im April 2021 trotz weiterhin fehlender Kapazitäten aus der Beiladefracht in Passagiermaschinen gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres um 42,7 Prozent auf rund 201.700 Tonnen zu (plus 13,1 Prozent gegenüber April 2019). Damit erreichte das Cargo-Aufkommen einen historischen Spitzenmonat für April. Das Luftfracht-Importaufkommen verzeichnete im April ein Plus von 38,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Die Zahlen sprechen für sich - in der wohl schwersten Krise der Luftverkehrsbranche hat sich der Flughafen Frankfurt als essentieller Frachthub bewiesen. Durch die starke Zusammenarbeit der Cargo-Community konnten Rekordmengen an Fracht umgeschlagen werden und auch für die kommenden Monate erwartet der Flughafen Frankfurt ein hohes Frachtaufkommen. Aufgrund der Bedeutung der Luftfracht für globale Lieferketten und der Systemrelevanz der Luftfrachtdienste in Krisenzeiten arbeitet die Fraport AG stetig daran, die Frachtinfrastruktur nachhaltig zu optimieren.

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